Sonntag, 11. März 2012

DER SPRUNG IN DAS KALTE WASSER Teil 1

Zur Abwechslung möchte ich mal wieder einige selbsterlebte Episoden in meinem Leben zutage fördern. Es soll keine Selbstbeweihräucherung sein, sondern den Leser Mut zu einem selbstverantwortlichen Leben zusprechen. Persönliche Erlebnisse klingen halt wahrhaftiger. Und ich brauche dazu nicht einmal zu übertreiben.

Wie ich schon einigemal in meinem Blog angedeutet habe, bin ich von der deutschen Bürokratie in das freiwillige Exil getrieben worden, nachdem mir in verhältnismässig kurzen Abständen drei Kleingewerbebetriebe wegen neuer Gesetze unmöglich gemacht wurden. Dann habe ich mich mit der Auswanderung beschäftigt. Paraguay war damals (1984) unter Insidern in aller Munde. Ich habe dann mein ganzes Hab und Gut verkauft und teilweise verschenkt. Zum Schluss hatte ich eine vollgepackte Reisetasche übrig mit ca. 15 Kg Gewicht. Heute würde ich nur noch mit einer Aktentasche verreisen. Kleider und Unterwäsche sind schnell gekauft. Das sollte man schon noch als Reisegeld zur Verfügung haben. Dadurch findet eine psyschologische Häutung statt und man fühlt sich voller Schwung und wie neu geboren. Sofern man sich nicht um die nächste Zukunft sorgen macht. Und das habe ich mir schon gründlich während meiner Wanderjahre abgewöhnt.

Also ab nach Paraguay. Und damals ahnte ich noch nicht wie einschneidend dieser Entschluss in mein zukünftiges Leben greifen würde. Jetzt haben wir 2012, also sind inzwischen 28 Jahre vergangen wovon ich 10 Jahre insgesamt mit meiner Familie, und ab und zu auch alleine um zu jobben, in Deutschland verbracht habe. Also 18 Jahre purer Paraguayaufenthalt. Damals aber, 1984, sprang ich buchstäblich in das kalte Wasser. Keine Sprachkenntnisse. Verhältnismässig wenig Geld. So um die 20 000 DM. Die habe ich dann fast innerhalb eines Jahres verbraten. Mit dem Rest fing ich dann notgedrungen eine Gaststätte an. Auch dieses Gewerbe war mir neu. Aber es ist so: "Wer nichts ist und nichts kann geht zur Post und Eisenbahn. Und wer da nichts wird, wird Wirt.

Aber nun der Reihe nach. Ich habe mir für diese Reise ein 1. Klasse Ticket gegönnt. Später konnte ich mir dies nicht mehr leisten. Und so habe ich doch eine schöne Erinnerung an meinen ersten Langstreckenflug. Später bin ich mir dann wie eine Sardine vorgekommen. Die engen Kalkulationen um die Sitzplätze, um noch mehr Reibach zu machen, vergällen einem so eine Flugreise. Alles Übel kommt von dem Geldsystem. Das habe ich schon in jungen Jahren erfahren und bewusst wahrgenommen. Wie habe ich mich schon damals nach einem geldlosen System gesehnt. Dass sich später ein Manuskript zu einem geldlosen System aus meinen grauen Gehirnzellen herausfiltern würde war damals noch nicht vorauszusehen. Es ist das oben angegebene Manuskript (DAS WILDGANSPRINZIP).

Der paraguayische Hauptflughafen bei Asuncion, der Hauptstadt von Paraguay, ist klein aber architektonisch reizvoll. Die Gepäckträger waren enteuscht, dass ich meine Reisetasche selbst trug. Heute lasse ich diese auch leben und lasse mich von ihnen am Zoll vorbeischleussen. Mit Gepäckträger geht das reibungsloser. Zoll und Gepäckträger arbeiten offensichtlich zusammen. Dies als kleiner Typ von mir. Fünf Dollar sollte einem dies wert sein. Und was blieb mir dann anderes übrig als ein Taxi zu nehmen und mich in ein Hotel im Zentrum von Asuncion kutschieren zu lassen das mir der Taxifahrer empfohlen hat. Verständigung mit Händen und Füssen und einigen Englischbrocken. Sicher bekommt er Provision vom Hotel zugesteckt. Aber ich bin Menschenfreund und lasse auch andere am Honigtopf lecken. Ich betrat ein gehobenes Mittelklassehotel. Preislich nicht gerade billig aber ich hatte damals noch keine Vergleiche. Aber ich war zufrieden mit dieser Lösung. Es war das Hotel PRÄSIDENTE und im Zentrum dieser damals sehr lebendigen Stadt gelegen. (Heute ist von der unbeschwerten Lebendigkeit viel in der jetzigen, sogenannten Demokratie verlorengegangen. Das Nachtleben wurde von dem Gesindel übernommen).

Stadtplan konnte ich damals nicht auftreiben. Aber der Grundriss der Stadt ist sehr quadratisch und ich habe mir Quadrat für Quadrat vorgenommen und die vier Wochen, die ich in diesem Hotel verbracht habe, die Stadt mit ausdauernden Fussmärschen erobert. Bis ich dann eine deutsche Kneipe ausfindig machte. "SYLVIAS BIERSTÜBERL"!  Na sowas! Eine junge Bayerin hatte so ihren Deutschentreffpunkt genannt. Er existiert schon lange nicht mehr.Ich blieb dort hängen und versumpfte so einigemal mit anderen trinkfreudigen Deutschen. Heute trinke ich allerdings keinen Alkohol mehr und rauche auch nicht. Ein Bewusstseinswandel hatte mich ergriffen. Oder besser gesagt, mein Wille zu einem solideren Leben war stärker als der Trieb zur sinnlosen Ausgelassenheit. Heute kann ich auch noch ausgelassen sein. Aber eben auf einer anderen Ebene.

Von da an hatte ich Kontakt mit Deutschen und mein spanisch blieb daher dürftig. Jedoch, nach einem Jahr, wie ich schon oben bemerkte, ging das Geld aus. Ich habe nichts bereut. Ich habe gelebt und ein neues Leben kennengelernt. Geld war mir schon immer nur Mittel zum Zweck. Ich hatte nie zuviel aber auch nie zu wenig. Von einigen kurzen Notzeiten abgesehen. Ab jetzt begann mein Kampf um das nackte Überleben. In der Gosse, wie so viele Deutsche, wollte ich nicht landen. Also mietete ich mir einen Geschäftsraum in einer guten Lage an und bastelte die Inneneinrichtung für eine Gaststätte selbst zusammen. Eine rustikale Einrichtung ist sehr leicht zu realisieren. Ich bin ja handwerklich geschickt.

Das Geschäft liess ich mir von einem Deutschen anmelden der mir auch bei den Einwanderungsformalitäten geholfen hat. Die kostete mich damals mit paraguayischen Führerschein 900 DM. Hätte ich es damals schon selber erledigen können hätte ich Gesamtausgaben von nur 17 DM gehabt. So wird man eben rasiert. Lehrgeld nennt man dies. Die Geschäftsanmeldung war damals für 2 DM zu bekommen. Ich habe meinem "Helfer" 200 DM dafür berappt. Heute ist er krank und nicht mehr fähig auf solche Weise sein Geld zu machen. Denn Wucher und das Ausnehmen von Landsleuten muss nicht sein. Solides Gebaren wäre zum Schluss ausgiebiger gewesen. Heute will keiner mehr etwas von diesen Subjekten wissen. Ich selbst kann noch überall mein Gesicht zeigen. Genügsamkeit, Hilfsbereitschaft und Ehrlichkeit zahlt sich immer zum Schluss aus. Unkorrektes Verhalten zeige ich nur wenn mich ein Staat ausnehmen will. Nicht einmal Deutschland hat dies geschafft. Und in Paraguay sind die Infrastrukturen der Bürokraten noch nicht so ausgebaut.

Meine erste Kneipe war das einzigste Geschäft das ich im Laufe der Jahre angemeldet hatte. Danach liess ich den Staat einen guten "Mann" sein und habe mich wie ein Paraguayer benommen. Paraguay ist wie eine grosse Familie. Leben und leben lassen. Die Steuern werden hauptsächlich von grossen Konzernen übernommen. Und zudem ist Paraguay der grösste Energieexporteur der Welt pro Kopf  berechnet. Hier ist für die Meisten ausserhalb der Ballungsgebiete kostenlose Stromversorgung vorhanden. Die Leitungen werden einfach angezapft. Ich allerdings habe den Strom legal. Das ist mir denn doch zu heiss. Für Wasser habe ich mir ja einen 70 Meter tiefen Brunnen bohren lassen. Billig, mit viel Handarbeit. Das heisst, ohne elektrischen Bohrantrieb sondern nur eine Schmutzwasserpumpe wurde eingesetzt um das Bohrgut herauszusaugen. Das Bohrgestänge wurde mit Hand hin un her gedreht.

Fortsetzung folgt!

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